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Die Billigangebote aus dem Reisebüro sind eine
Sache, der ganz persönliche „finest big walls around
the globe“-Katalog von Alex und Thomas Huber,
a.k.a. „the one and only Huberbuam“, eine andere.
Gefüllt mit den bisherigen Abenteuern der groß ge-
wordenen Buam, die von El Cap über Latok, von Ogre
bis zum Nameless Tower reichen, hat dieses Opus
beinahe schon biblische Ausmaße angenommen.
2012 war es wieder an der Zeit, ein weiteres Kapitel
hinzuzufügen. Eines – dessen Überschrift schon vor
Jahren geschrieben worden war – allerdings nur
in Gedanken.
BAVARIAN DIRECT
(BAYERISCHE DIRETTISSIMA)
Anno 1996.
Die bayerischen Kletterer Christian Schlesener,
Mane Reichelt, Luca Guscelli, Bernd Adler, Markus
Bruckbauer und Tom Grad sind von ihrer Expedition
aus Baffin Island heimgekehrt. Im Gepäck hatten sie
das Wertvollste, das Kletterer von einer solchen
Reise mitbringen können, noch dazu zollfrei:
Eine Erstbegehung namens Bavarian Direct (7/A3),
die entlang einer kühnen Linie durch den 700 m hohen
Südpfeiler das Mount Asgard zieht. Bald nach ihrer
Rückkehr luden die Erstbegeher auch schon zum
Diaabend, dem rituellen Abschluss einer jeden
Expedition. Alex und Thomas, gute Freunde der
Kletterer, waren an jenem Abend in Rosenheim
ebenfalls eingeladen. Nun saß man bei Bier und Pro-
jektorsurren im Halbdunkel zusammen und staunte
über die Bilder, welche eines nach dem anderen
über die Leinwand huschten. Münder standen offen,
Fingerkuppen wurden feucht – denn was es zu sehen
gab, war schlichtweg beeindruckend. Doch es war
nicht nur die schiere Schönheit der Wand,
die Alex und Thomas faszinierte.
Wenn sie die Augen zusammenkniffen und genauer schauten,
glaubten sie erkennen zu können, dass da „was gehen könnte.“
Sah diese technisch erstbegangene und mit 7/A3 bewertete
Route tatsächlich so aus, als wäre sie frei kletterbar?
Die Informationen, welche die Erstbegeher diesbezüglich aus-
spuckten, ließen Zuversicht entstehen. Halleluja! Da müssen
wir hin, dachten sich die Huabas, das müssen wir versuchen.
„Der Traum war schon lange da“, erinnert sich Alex, „und wir
ahnten schon damals, dass es knallhart und sauschwierig werden
würde diese Route frei zu klettern, wenn es überhaupt möglich
sein sollte.“ Doch auch dieser Traum war nicht gefeit vor dem
Schicksal, das viele Träume ereilt und darin besteht, im Kopf
herumspukend der Verwirklichung zu harren. Andere Ziele
hatten sich längst in Poleposition auf die Kletteragenda gebracht,
denn was Projekte und Optionen betrifft, ist das vertikale
Universum unendlich wie gnadenlos: stets wartet es mit
vielen, oftmals zu vielen verheißungsvollen Angeboten auf.
Es sollte daher noch Jahre dauern bis sich Alex und
Thomas die Chance bot, die im fernen Norden gelegte Spur
ihrer Freunde aufzunehmen und das zu Ende zu bringen,
was diese einst begonnen hatten.
Monate der Planung,
der Vorbereitung und des Trainings:
Für ein Kletterprojekt dieser Größe, an einem
der abgelegendsten Orte der Welt, ist genaue
Planung natürlich die Grundvoraussetzung –
ohne das richtige Equipment hält es niemand
sechs Wochen lang auf Baffin Island aus ...
Auszug aus den Notizen der Huber’s
bezüglich Ausrüstung am Wandfuß-Lager
2 x Portaledge
10 x Hauptmahlzeit
10 x Frühstück
25 x Riegel
10 x Gas
2 x Kocher
200 m Seil
muss noch rauf:
Satz Cams
kleine Stopper
Kletterseil
Magnesia
Zahnbürste
Löffel
Tasse
alex
„Es gibt über ein Dutzend Routen am
mount asgard, aber nur die wenigsten
kommen für das Freiklettern überhaupt
in Frage – und unter denen ist die
„Bavarian Direct“ definitiv die geilste!“