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BRUDERSCHAFT XXL
Eine 850 m hohe Wand, spärlich abgesichert,
mit mehreren Längen im zehnten Grad – allein anhand
dieser Eckdaten versteht es sich von selbst, dass die
verheißungsvolle Linie am Mount Asgard ein Projekt ist,
an das sich nur die Besten der Besten wagen sollten.
Exzellent zu klettern ist in so einem Fall eine Grund-
voraussetzung – letztendlich jedoch nur die halbe Miete.
Um an einer Wand von der Größenordnung des Mount
Asgard erfolgreich zu sein, braucht es mehr als nur die
Fähigkeit, harte Züge herzubringen. Man muss als
Team, als Seilschaft funktionieren.
Alex und Thomas unternahmen dank ihres bergbegeisterten
Vaters schon früh Ausflüge in alpine Gefilde. Rückblickend
kann man durchaus sagen, dass der Grundstein für ihre al-
pine Karriere bereits in der Kindheit gelegt wurde. Mit der
Begeisterung für das Abenteuer sind die beiden Brüder quasi
groß geworden. Und so dauerte es nicht lange, bis Alex und
Thomas begannen, ihre eigenen Wege gemeinsam als Brüder
zu gehen. Denn mit zunehmenden Schwierigkeitsgrad der
Touren musste der Vater nun öfters zu Hause bleiben.
Bruderschaft und Seilschaft haben vieles gemeinsam. In beiden
Fällen handelt es sich um Beziehungen von höchster Nähe und
Intensität. Bei der einen ist das gemeinsame Blut der verbindende
Faden, bei der anderen ist der verbindende Faden das verbindende
Seil. Aber trotz aller Nähe gibt es Unterschiede: Die Bruderschaft
ist im Gegensatz zur Seilpartnerschaft etwas, das einem von
„höherer“ Stelle gegeben wird.
Man wird als Bruder geboren,
man wird zum Bruder gemacht.
Eine Seilschaft hingegen existiert
nicht einfach so. Man rutscht nicht
ohne Zutun in sie hinein, sie wird
einem nicht geschenkt. Damit es
sie geben kann, müssen sich die
Beteiligten dafür entscheiden
und vor allem eins tun:
Miteinander klettern.