LAWRENCE H. SUMMERS
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JÄNNER/FEBRUAR 2013
wirtschaftsblatt.at
C
AMBRIDGE – Das neue Jahr beginnt für die Weltwirtschaft mit einer vorsich-
tig optimistischen Note. Europa ist zurück vomAbgrund. Die Vereinigten Staa-
ten sind nicht von der Fiskalklippe gefallen. Japan unternimmt Schritte zur Än-
derung seiner Wirtschaftsstrategie, und China scheint wieder auf den richti-
gen Weg zurückzufinden.
Die Finanzmarktindizes in den USA haben zudem ihre Stände von vor der Krise beinahe wie-
der erreicht, und die erwartete Volatilität ist niedriger als seit Jahren. Die Kapitalausstattung
der großen Finanzinstitute ist überwiegend besser als seit langem. Die Bilanzen sind repa-
riert, und viele Akteure schwimmen in Liquidität. Und während 2013 kein hervorragendes
Jahr werden wird, könnte es irgendwann durchaus als erstes Jahr der Nachkrisenzeit angese-
hen werden.
Sicher, das politische Umfeld bleibt fast überall schwierig. Die USA sehen sich einem Drei-
gespann neuer fiskalischer Hürden ausgesetzt – fehlenden rechtlichen Grundlagen für die
Schuldenzahlung, dem Fehlen eines Betriebshaushalts für die Bundesregierung und den ge-
fürchteten Aussichten der Zwangsverwaltung – und das alles noch vor Ende März. In Italien
und Deutschland stehen wichtige Wahlen an. Chinas neue Regierung hat ihre Arbeit zu einer
Zeit nie dagewesener öffentlicher Sorge über Korruption und die unzulässige Bereicherung
öffentlicher Funktionsträger angetreten. Und es ist unklar, ob Japans zersplitterte politische
Landschaft in den kommenden Jahren eine stabile Regierung zulässt.
Doch besteht Aussicht auf einen Tugendkreis, in dem das wirtschaftliche Umfeld zu einer we-
niger verdrießlichen Politik führt, die dann wiederum die Unsicherheit verringert und den
Aufschwung weiter unterstützt. Bisher zumindest haben sich die schlimmsten Befürchtun-
gen über die negativen politischen Folgen der schwachen Wirtschaftsentwicklung nicht ver-
wirklich – nicht mal in Griechenland. Meine Vermutung ist daher, dass, wenn nicht irgendet-
was anderes schrecklich schief geht, der globale Aufschwung nicht an der Politik scheitern
wird.
Leider könnte eine ganze Menge schief gehen. Insbesondere hat zwar jede der großen Re-
gionen der Weltwirtschaft eine plausible Wachstumsstrategie, aber diese Strategien gehen in
der Summe möglicherweise nicht auf. Praktisch die einzige Annahme, über die sich die in-
ternationalen Ökonomen einig sind, ist, dass die Summe alle Handelsbilanzen null sein muss.
Und als logische Folge daraus muss jedes bisschen exportgestütztes Wachstums an anderer
Stelle im System durch ein hinter dem Nachfrageanstieg zurückbleibendes Produktions-
wachstum ausgeglichen werden. Eine wichtige Herausforderung ist nun, dass weltweit an-
scheinend viel mehr exportgestütztes Wachstum eingeplant wird als Bereitschaft besteht, eine
verringerte Wettbewerbsfähigkeit und erhöhte Importe zu akzeptieren.
Anfang 2010 stellte US-Präsident Barack Obama das ehrgeizige Ziel auf, Amerikas Exporte bis
Ende 2014 zu verdoppeln. Nach gut der Hälfte dieses 5-Jahres-Zeitraums sind die USA auf gu-
tem Wege, dieses Ziel in etwa zu erreichen – was bedeutet, dass das Exportwachstum über
dem Importwachstum oder dem Wachstum der Weltwirtschaft liegt.
In Europa besteht die einzige Möglichkeit für die finanziell angeschlagenen Peripherieländer,
«
Wird die
weltwirtschaftliche
Gleichung aufgehen?
Wenn nicht irgendetwas
schrecklich schief geht wird der
globale Aufschwung nicht an der
Politik scheitern.
Für den wirtschaftlichen Erfolg ist
eine internationale Koordinierung
erforderlich, um eine überzogene
Sparpolitik zu vermeiden.
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