be investor 3100/2 - page 33

STEUERN
E
in Stifter widmete zu Lebzeiten sein gesamtes Ver-
mögen einer Privatstiftung. Mangels Vorliegen von
sonstigen Vermögen, stellten nach dem Tod des Stif-
ters die pflichtteils-berechtigten Angehörigen Ansprüche
gegen die Privatstiftung. Zur Vermeidung eines jahrelangen
Rechtsstreits einigte sich der Vorstand der Privatstiftung
mit den Pflichtteilsberechtigten auf einen Pflichtteilsver-
gleich. Der Gerichtshof hatte nun über die steuerlichen
Auswirkungen der Vermögenswidmungen der Privatstif-
tung an die Angehörigen anlässlich des Pflichtteilsver-
gleichs zu entscheiden.
Pflichtteilsanspruch und Pflichtteilsvergleich. Der An-
spruch der Pflichtteilsberechtigten richtet sich grundsätz-
lich gegen den Nachlass bzw. die Erben. Der Pflichtteil ist
zunächst bis zur Höhe des Wertes des reinen Nachlasses
vom Erben zu berichtigen. Reicht jedoch der Nachlass zur
Deckung des Pflichtteils nicht aus, ist fraglich, ob der Fehl-
betrag von der beschenkten Privatstiftung eingefordert
werden kann.
Im vorliegenden Fall machten die Pflichtteilsberechtig-
ten Ansprüche mangels ausreichenden Vermögens im
Nachlass gegen die Privatstiftung geltend.
Um das Risiko eines jahrelangen Rechtsstreites zu ver-
meiden, hat die Privatstiftung daraufhin mit den Pflicht-
teilsberechtigten einen Vergleich abgeschlossen, in
welchem unter anderem auch ein Nutzungsrecht an einer
Liegenschaft der Privatstiftung eingeräumt wurde.
Beschwerde. Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prü-
fung wurden diese Nutzungsüberlassungen als kapitaler-
tragsteuerpflichtige Zuwendungen der Privatstiftung
angesehen und entsprechende Haftungsbescheide erlassen.
Gegen diese Bescheide wurde Berufung eingebracht. Das
BFG hat nun zur Frage, ob diese Rechtseinräumung kapi-
talertragsteuerpflichtige Zuwendungen iSd § 27 Abs. 1 Z 7
EStG darstellen oder nicht, Folgendes entschieden:
- Das Gesetz sieht keine Legaldefinition des Begriffs der Zu-
wendung einer Privatstiftung vor. Eine Zuwendung kann
jede unentgeltliche Vorteilsgewährung von einer Privat-
stiftung an Begünstigte oder Letztbegünstigte sein.
- Eine Zuwendung iSd § 27 Abs. 1 Z 7 EStG setzt neben einer
Bereichung des Begünstigten auch die subjektive Bereiche-
rungsabsicht der Privatstiftung voraus.
- Wird eine Privatstiftung zu einer Vermögensübertragung
aufgrund einer gesetzlichen Anordnung gezwungen, so
liegt eine Zuwendung von der Privatstiftung nicht vor.
- Die Einräumung des Nutzungsrechtes erfolgte nicht auf-
grund einer Beschlussfassung der Organe der Stiftung, son-
dern in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung.
- Weiters fehlt es diesfalls auch an dem für eine Zuwendung
notwendigen Bereicherungswillen.
Durch das Nutzungsrecht wurde der Pflichtteilsanspruch
teilweise abgegolten und somit eine gesetzliche Verpflich-
tung erfüllt.
Die Nutzungsüberlassungen anlässlich eines Pflichtteils-
vergleiches stellen daher nach Rechtsansicht des BFG keine
Zuwendung iSd § 27 Abs. 1 Z 7 EStG dar. Zuwendungen sol-
cherart unterliegen daher auch nicht der Kapitalertrag-
steuer.
Abschließend hat der BFG noch entschieden, dass eine
Revision an den VwGH nicht zulässig sei. Damit ist dieses
Urteil rechtskräftig und hat die Frage der Kapitalertrag-
steuerpflicht für Zuwendungen zur Abgeltung von Pflicht-
teilen zugunsten der steuerpflichtigen Privatstiftung
entschieden. Die Reaktion des Gesetzgebers bleibt abzu-
warten.<
Aus dem Tax-Newsletter - siehe
Keine KESt bei Zuwendung
von Privatstiftung
TIPP
Richard Prendinger*
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat am 6.
Juni anlässslich einer Beschwerde einer ei-
gennützigen
Privatstiftung
(GZ.
RV/6100579/2008) über folgenden Sachver-
halt entschieden:
Richard Prendinger ist Senior
Consultant im Bereich Private
Wealth bei PwC Österreich -
*INFO
ÜBER DEN GASTAUTOR
Foto: APA
1...,23,24,25,26,27,28,29,30,31,32 34,35,36,37,38,39,40,41,42
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