INTERVIEW II
BÖRSE EXPRESS:
Ihre These lautet, dass Minenaktien ein
schlechtes Investment sind, weil der Metallgehalt der Erze expo-
nentiell abnimmt, während die Förderkosten exponentiell zuneh-
men. Können Sie das konkret erläutern?
JÜRGEN MÜLLER: Ich denke in der Tat, dass die Förderkos-
ten den Minengesellschaften davon laufen werden, und dass
diese aufgrund der nachgewiesenen Marktmanipulationen
von den Preisen der Edelmetalle nicht wird aufgefangen
werden können. Die Minenbetreiber umgehen dieses Pro-
blem derzeit damit, dass in den sogenannten „Cash-Kosten“
nicht alle wirklichen Kosten enthalten sind. Vornehmlich
nicht die Kosten, abgebaute Unzen zu ersetzen. Da an den
Börsen bekanntlich nicht die Gegenwart, sondern die Zu-
kunft gehandelt wird, denke ich daher, dass es ungemein
sicherer für Anleger ist, die Me-
talle direkt zu kaufen. Ich
kann definitiv keinen positi-
ven Hebel sehen, den Minen-
aktien darstellen sollen. Ich
darf hinzufügen, dass dies
meine langfristige Prognose
ist, kurzfristig können einzelne Minentitel natürlich gigan-
tische Gewinne generieren. Nur das Chance/Risiko-Verhält-
nis ist so schlecht, dass private Kleinanleger die Hände
davon lassen sollten. Wie ich in einem Artikel auf goldsei-
ten.de auch bereits nachgewiesen habe, gibt es zudem kei-
nen einzigen Edelmetall-Fonds, der es in den letzten Jahren
schaffte, die Metallpreise zu übertreffen. Nimmt man zu-
sätzlich die Kosten dieser Instrumente in Betracht, ist dies
ein weiteres gewichtiges Argument, die Metalle direkt in
Form von Münzen und Barren zu kaufen.
Gilt dies nur für Gold/Silber oder auch für Platinmetalle und Indus-
triemetalle?
Tendenziell ja. Dass die Kosten der Minenbetreiber davon-
laufen werden, gilt für jeglichen Bergbau. Es ist bekannte Tat-
sache, dass z.B. die Erzgehalte aller Minen beständig
abnehmen. Dies gilt für alle Metalle.
Ihrer Meinung bieten Gold/Silberaktien daher keinen Hebel, zumin-
dest keinen positiven. Soll man generell nicht in Gold/Silberminen in-
vestieren, oder nach starken Kursrückschlägen doch, und wenn ja in
Form von Minen-ETFs? Die aktiv gemanagten Fonds weisen ja teils
eine sehr schlechte Performance auf, weil häufig auf ausgefallene Ak-
tien gesetzt wird, die im Abschwung extrem fallen ...
Ich denke, dass alle Märkte heutzutage manipuliert sind.
In meinem Buch führe ich zu dieser zugegebenermaßen sehr
pauschalen Aussage auch einige Belege an. Die Haltedauer
einer Aktie beträgt heute im Schnitt nur wenige Sekunden.
Währungen, Metalle, alle Märkte unterliegen heute auffal-
lenden Anomalien, die nur durch gezielte Eingriffe erklärt
werden können. Wie soll ich als Kleinanleger diesem Sturm
trotzen? Ich empfehle daher nur Investitionen in reale Sach-
werte, die nicht dem allgemeinen Marktgeschehen unter-
worfen sind. Je weiter eine Anlage vom Börsengeschehen weg
ist, umso besser.
Sind überraschende neue und ergiebige Lagerstätten wirklich auszu-
schließen?
Nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Zwar hin-
ken die Metall-Explorer den Ölsuchern um einige Jahre tech-
nisch und wissenschaftlich hinterher, doch sind große
Goldfunde wie z.B. in Südafrika extrem unwahrscheinlich,
da unser gesamter Planet im Prinzip bereits geologisch un-
tersucht und kartographiert wurde.
Bisher stiegen die Gold- und Silbermengen jedes Jahr deutlich an. Es
JÜRGEN MÜLLER
„Den Gold- und Silberminen laufen die
Förderkosten davon“
Jürgen Müller
Foto: beigestellt
Christoph Rohrmoser
Buchautor Jürgen Müller über Portfolio-Mo-
delle á la Markowitz, warum er im Roh-
stoffbereich die Direktanlage gegenüber
etwa Aktien präferiert und was es mit den
drei Speichen Immobilien, Metalle und
Wertpapiere auf sich hat.
„Ich denke, dass
alle Märkte
heutzutage ma-
nipuliert sind.“