INTERVIEW I
Wir haben rechtzeitig auf die genannten Herausforde-
rungen reagiert, entsprechende Veränderungsprogramme
gestartet und Maßnahmen ergriffen. So haben wir uns etwa
von verlustbringenden Beteiligungen, die für uns strate-
gisch nicht relevant waren, getrennt, oder wir erfüllen be-
reits jetzt alle Anforderungen und Kapitalquoten nach
Basel III vorbildlich. Und wir sehen bereits erste Zeichen
dafür, dass wir diese schwierige Phase erfolgreich bewältigt
haben.
Setzen Sie dabei auf eine spezielle
Firmenkultur?
Unsere Firmenkultur, würde
ich sagen, ist in vielerlei Hin-
sicht eine typische Bankkultur.
Ganz besonders herausragend
ist die Kundenorientierung der
RLB NÖ-Wien. Das wollen wir
auch weiterhin fördern und
ausbauen. Dazu kommt die
Verankerung der RLB NÖ-Wien
in einer traditionell genossen-
schaftlichen Wertewelt, die
auf Regionalität, Sicherheit
und Verantwortung basiert.
Der aktuelle Change-Prozess
hinterlässt natürlich auch in der Unternehmenskultur
seine Spuren. Das heißt vor allem: Wir müssen unterneh-
merischer handeln und schneller entscheiden. Insgesamt
muss die Organisation flexibler und ganzheitlicher funk-
tionieren.
Für mich von ganz besonderer Bedeutung sind immer die
für jedes Unternehmen charakteristischen Subkulturen,
die eine Firmenkultur prägen. Bei uns zeigt sich das sehr
stark, da wir auch im Geschäft diversifiziert aufgestellt
sind. Es wäre ein großer Fehler, auf diese produktiven Sub-
kulturen zu verzichten. Für mich hat es große Bedeutung,
eine optimale Performance der Subkulturen zuzulassen.
Ein gutes Beispiel ist das Risikomanagement, das innerhalb
der Bank eine ganz spezielle Organisationseinheit darstellt
und eine ausgeprägte Wertebasis im Risikomanagement
hat.
Was bieten Sie Ihren Mitarbeitern an Aus- und Weiterbildung?
Darauf legen wir großen Wert: Die Aus- und Weiterbil-
dung für unsere Mitarbeiter orientiert sich ganz konkret
an den einzelnen Berufsbildern. Im vergangenen Jahr wid-
mete sich jeder Mitarbeiter durchschnittlich 5,5 Tage der
Fortbildung. Zusätzlich bieten wir Traineeprogramme für
Jungakademiker an und starten jedes Jahr einen neuen
Lehrlingsjahrgang. Derzeit bilden wir in der RLB und den
niederösterreichischen Raiffeisenbanken rund 60 Lehrlinge
aus.
Wie beurteilen Sie die Leistungen Ihrer Mitarbeiter?
In einem diversifizierten Unternehmen wie der Raiffei-
sen-Holding NÖ-Wien ist es gefährlich, bei der Performance
der Mitarbeiter zu eindimensional zu messen. Diese hängt
stark von der Branche, vom Lebenszyklus, der Situation
und der Strategie des Unternehmens ab. Performancevor-
gaben müssen ganzheitlich gesehen werden. Wenn man
die Beurteilung der Performance bei uns an einer wesent-
lichen Kennzahl festmachen will, dann steht natürlich die
Rentabilität auf das eingesetzte Kapital im Vordergrund.
Auf strategischer Ebene arbeite ich mit kurzen, prägnan-
ten Schwerpunktprogrammen – keine lang ausgeführten
Visionen. Auch strategische Vorgaben versuche ich opera-
tionalisierbar, vor allem aber klar, konkret und konsequent
zu geben.
Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten werden die Gehälter
der Führungskräfte und Manager oft infrage gestellt. Ihre Meinung
dazu?
Übertrieben hohe Gehälter hat es immer schon gegeben,
auch lange vor der aktuell öffentlich geführten Diskussion
zu diesem Thema. Bei Raiffeisen gibt es diese Übertreibun-
gen so gut wie gar nicht. Ich empfehle jedem, der sich an
höheren Gehältern für Manager stört, an die Entbehrun-
gen, die Verantwortung und die Risiken zu denken, die die
Aufgabe mit sich bringt – ganz im Sinne des Aphorismus:
„Der Neid sieht nur das Blumenbeet und nicht den Spaten.“
Oft liest man dieser Tage, die „Chefetage“ befinde sich allgemein in
der Krise – wie lautet Ihre Meinung dazu?
Managen ist in derart volatilen und veränderungsreichen
Zeiten, wie wir sie heute erleben, natürlich äußerst an-
spruchsvoll. Daher wird auch die Performance der Mana-
ger kritisch beurteilt. Der tatsächliche Erfolg eines
Managers ist aber niemals ein Selbstläufer, sondern das Pro-
dukt harter, konsequenter und überlegter Arbeit.
Und wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Ich charakterisiere mich nur ungern selbst. Man sagt,
dass ich analytisch recht gut bin und ich glaube, dass ich
mich gut in andere Menschen hineinfühlen kann. Ich ent-
scheide rasch, versuche sehr umsetzungsorientiert zu agie-
ren und kommuniziere offen und direkt. Ich verstehe mich
als ewig Lernender und glaube, dass es für einen Top-Ma-
nager wichtig ist, auch durch Selbstreflexion seine Ent-
scheidungen immer wieder zu hinterfragen und dadurch
immer am Boden der Realität zu bleiben. <
Mehr zur Person und zum Unternehmen finden Sie unter
„Wenn man die
Beurteilung der
Performance bei
uns an einer
wesentlichen
Kennzahl
festmachen will,
dann steht
natürlich die
Rentabilität auf
das eingesetzte
Kapital im
Vordergrund.“