BRANCHE II
D
ie lahmende europäische Konjunktur (Charts siehe
Folgeseite) ruft mittlerweile Notenbank plus Politik
auf den Plan. Erstere versucht es mit immer tiefe-
ren Zinsen und wahrscheinlich einem ABS-Aufkaufpro-
gramm um die Kreditvergabe anzukurbeln, zweite Gruppe
will der Wirtschaft auch helfen, das aber mehr über den
klassischen Weg der Infrastruktur-Investitionen.
Vergangene Woche gab es dazu nicht nur die entspre-
chende Zinssitzung der EZB, es redete etwa auch Polens Fi-
nanzminister Mateusz Szczurek auf einer Veranstaltung
der wirtschaftswissenschaftlichen Denkfabrik Bruegel.
Seine Forderung dort: Die EU-Länder sollen einen gemein-
samen Fonds einrichten, der in große Infrastrukturpro-
jekte investiert und ähnlich finanziert sein soll wie der 500
Milliarden Euro schwere Rettungsfonds der Eurozone.
Szczurek warnte, der EU drohe nicht nur ein verlorenes
Jahrzehnt in ihrer Wachstumsentwicklung, sondern auch
eine verlorene Generation junger Männer und Frauen, die
keine Arbeit finden. „Als Kontinent stehen wir schlechter
da als Japan nach dem finanziellen Niedergang der 80er-
Jahre und schlechter als während der Großen Depression
in den 30er-Jahren“, sagte Szczurek. Interessant ist Szczu-
reks Vorschlag allemal, nicht zuletzt, da der polnische Mi-
nisterpräsident Donald Tusk erst kürzlich zum nächsten
Präsidenten des Europäischen Rates ernannt wurde …
Und egal ob gleich auf europäischer Gesamtebene, oder
weiter einzelstaatlich. Die Idee zusätzlicher Infrastruktur-
milliarden steht auch in Deutschland vor dem Durch-
bruch. Trafen sich doch laut Gerüchten zu Wochenschluss
Verkehrsminister Alexander Dobrindt und Finanzminister
Wolfgang Schäuble zu entsprechenden Gesprächen. Auf-
grund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentral-
bank sei derzeit sehr viel ungebundenes Kapital
unterwegs, sagte dazu eine Sprecherin des Bundesver-
kehrsministeriums am Freitag in Berlin. „Das würden wir
gerne dazu verwenden, um es in die Verkehrsinfrastruk-
tur zu investieren.“ Derzeit wird geprüft, wie das möglich
gemacht werden kann.
Egal in welcher Form so eine Infrastruktur-Investitions-
offensive kommt, die beiden Österreicher Porr und Stra-
bag wären wohl jedenfalls mit von der Partie. Auch beim
Zulieferer Wienerberger würde wohl der eine oder andere
Auftrag hängen bleiben.
In exakt dieser Reihenfolge beurteilen Analysten derzeit
auch die aktuellen Chancen der drei Aktien: Der Bloom-
berg-Kurszielkonsens gibt der Porr-Aktie noch ein Poten-
zial von etwas mehr als 15 Prozent. Bei Strabag sind es
etwas mehr als zehn, bei Wienerberger fünf Prozent. Stra-
bag scheint im Branchenindex mit einem Kurs-/Buchwert-
Verhältnis von 0,81 auf Platz vier auf. Wienerberge liegt in
seinem Branchenindex mit einem Wert von 0,79 hinter
Italcementi auf Platz zwei der günstigsten Werte.
Ähnlich günstig bewertet sind die Österreich-Banken im
Branchenvergleich, wo das angekündigte ABS-Aufkaufpro-
gramm der EZB zuletzt für gute Stimmung sorgte : Die
Raiffeisen Bank International findet sich mit einem Kurs-
/Buchwert-Verhältnis von 0,6 auf Platz sechs, die Erste
Group kommt mit 0,83 auf Platz 15 des 45 Mitglieder um-
fassenden europäischen Branchenindex. Der Raiffeisen-
Aktie gesteht der Bloomberg-Konsens dabei ein
Kurspotenzial von knapp 25 Prozent zu, knapp zehn sind
es bei der Erste Group.
(Weiter auf der Folgeseite)
KONJUNKTURFLAUTE
Bau und Banken erwarten voller
Freude die Milliardengaben
Foto: Bloomberg
Robert Gillinger
Egal ob EZB oder die Politik, jeweils ver-
stärken sich die Überlegungen, die Füllhör-
ner zu füllen und über der Wirtschaft
herabregnen zu lassen. Zwei Branchen pro-
fitieren davon besonders: Bau & Banken.