Jahresbericht Caritas 2013 - page 20-21

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Wegbereiter der Caritas
2013
Das Wohl der Kinder zu sichern
war für die gelernte Kindergärt-
nerin die Hauptmotivation, als
sie 1960 die Leitung der Bera-
tungsstelle der Caritas Feldkirch
(später Sozialmedizinsicher
Dienst der Caritas) übernahm.
Nachdem der damalige Cari-
tasdirektor die Frage stellte, wo
sie denn denke mehr für die Kinder tun zu können, als
Leiterin eines Kindergartens oder der Beratungsstelle,
war ihre Entscheidung nach erstem Zögern klar. „In
dieser Zeit waren bereits 675 alkoholkranke Patienten
bei der Caritas gemeldet, in diesen Familien waren
rund tausend Kinder von der Alkoholkrankheit ihres
Vaters beziehungsweise ihrer Mutter betroffen“, erzählt
Rosl Bitschnau. „Dann entdeckte ich die ungeheure
Komplexität vom Thema Sucht, die Zusammenhänge
und Verflechtungen, die zur Suchtproblematik führen
können. Gleichzeitig sah ich die Möglichkeiten und
Chancen, die sich in der Arbeit mit Suchtpatienten
auftun. Es ist einfach unglaublich, was da an positiven
Veränderungen durch Gespräche beziehungsweise
Therapie möglich ist“, erinnert sie sich an viele „Er-
folgsgeschichten“.
„Ich habe so viel von meinen Patienten gelernt, wie
kompliziert und komplex oft ihr Denken und die der
Sucht zugrunde liegenden Mechanismen sind.“ Als
Leiterin der Beratungsstelle erkannte Rosl Bitschnau
sehr bald, dass sich das Fehlen einer stationären
Behandlungseinrichtung zunehmend deutlich bemerk-
bar machte. So reiste sie 1961 nach Deutschland und
in die Schweiz, um sich die dortigen Konzepte der
Suchtbehandlung anzuschauen. Üblich waren damals
noch Jahres- und Halbjahreskuren, Rosl Bitschnau
wurde das Scheitern mit ihrer für Vorarlberg konzi-
pierten zehnwöchigen stationären Behandlungsdauer
prophezeit. Durch die Eröffnung des Genesungs-
heimes Kalksburg schien das Problem der stationären
Behandlung zunächst gelöst, da auch Vorarlberger
Patienten dort aufgenommen wurden. Viele Male fuhr
Rosl Bitschnau zu dieser Zeit mit ihrem VW-Käfer nach
Ostösterreich, um ihre Patienten zu besuchen und den
Kontakt zu halten, damit die Nachbetreuung gesichert
war. „Bis zum Arlberg bin ich verantwortlich, nachher
ist die Rosl für Sie zuständig“, sagte Primar Kornelius
Kryspin-Exner zu den PatientInnen. „Und so war es
auch“, schildert Rosl Bitschnau die Zusammenarbeit.
Zusätzliche Motivation brachte für Rosl Bitschnau auch
der 1973 verliehene „Toni-Russ-Preis“, einer von vielen
Ehrungen, die die Montafonerin für ihr Lebenswerk
erhielt. Nach einer langen Vorbereitungszeit konnte
1976 das Krankenhaus Maria Ebene eröffnet werden.
Um unabhängig von politischen Entscheidungsträgern
zu sein, war es Rosl Bitschnau immens wichtig, dass
das Krankenhaus von einer Stiftung getragen wird. Der
Erfolg gab dem Konzept Recht. „Auch wenn ich soviel
Angst vor der Eröffnung hatte, als ich die Lebensfreu-
de der PatientInnen gesehen habe, habe ich gewusst,
dass es alle Mühen wert war“, erläutert Rosl Bitschnau
abschließend.
„Wenn ein Elternteil eine Suchterkrankung hat, muss der gesamten Familie, ins-
besondere dem suchtkranken Menschen geholfen werden.“ Diese Überzeugung
von Frau
Rosl Bitschnau
war maßgeblich für neue Wege in der Suchtarbeit.
Eine Pionierin in
der Suchtarbeit
Wegbereiter der Caritas
2013
Als er im Jahr 1990 gefragt wurde, ob er denn nicht
Caritasseelsorger werden möchte, war dies für den
Priester keine leichte Entscheidung. „In meiner Pfarre
Göfis ist alles bestens gelaufen, es gab keinen Grund
wegzugehen. Dennoch reizte mich das Neue.“ Das
„rein Operative“ kam für Elmar Simma nicht in Frage.
„Ich wollte eine Seelsorgerfunktion ausüben.“ Diese
Funktion führte er auf Leitungsebene, aber auch in
vielen MitarbeiterInnen- und KlientInnenkontakten aus.
Auch durch seine Vortragstätigkeit ist Elmar Simma
„Außenminister“ der Caritas, wie ihn Caritasdirektor
Peter Klinger einmal bezeichnete.
Und wie waren die Eindrücke, die Elmar Simma zu
Beginn seiner Amtszeit von der Caritas Vorarlberg
gewonnen hat? „Mir war vorher die Caritas durch die
Haussammlung, die Seniorenerholung im Hackwald,
Geldspenden, die Beschützende Werkstätte Bludenz,
den Sozialmedizinischen Dienst und die Bahnhofsmis-
sion bekannt. Relativ wenige MitarbeiterInnen haben
sich mit viel Enthusiasmus quasi `Face to Face´ ein-
gesetzt.“ Die Pfarrcaritas-Arbeit habe sich damals fast
ausschließlich auf Seniorennachmittage reduziert.
Eine der ersten großen Aufgaben war die Erarbeitung
eines Leitbildes für die Caritas, das heute noch als
Grundlage für unsere Tätigkeit dient. „Mir war es auch
wichtig, dass auf diözesaner Ebene die Caritas den
anderen pastoralen Initiativen gleichgestellt ist und alle
Pastoralentscheidungen auch mit caritativem Auge
gesehen und getroffen werden.“ Der Auf- und Ausbau
der Pfarrcaritas war eine weitere, wichtige Aufgabe,
der sich Elmar Simma widmete. „Das Angebot ist zwi-
schenzeitlich ungleich größer geworden, man denke
nur an die Diakonieverantwortlichen, die Pfarrcaritas-
kreise, Angebote für Senioren, die youngCaritas, So-
zial- und Lesepaten und vieles mehr.“ Eine besondere
Herzensangelegenheit war für Elmar Simma auch die
Hospizarbeit und die Gründung der Hospizbewegung
im Jahr 1994.
Schöne Momente in seiner täglichen Arbeit sind für El-
mar Simma die Begegnungen und Erlebnisse mit Men-
schen – seien es MitarbeiterInnen, KlientInnen oder
BesucherInnen verschiedenster Veranstaltungen. Ein
großes Anliegen ist ihm, dass die christliche Spirituali-
tät im Tun der MitarbeiterInnen tragend ist – auch wenn
längst nicht mehr alle MitarbeiterInnen aus dem kirch-
lichen Umfeld stammen. „Ich komme jeden Tag gerne
ins Haus“, lacht Elmar Simma, der im Sommer 2014 in
seiner Funktion als Caritasseelsorger in Pension geht
– in den „Ruhestand“ wird er sich wohl dennoch nicht
ganz verabschieden.
„Menschlichkeit ohne Professionalität wäre zu wenig. Professionalität ohne
Menschlichkeit wäre eine Katastrophe.“ In der Arbeit der Caritas ist die christliche
Spiritualität besonders wichtig. Dass dies tagtäglich umgesetzt wird, ist Caritas-
seelsorger
Elmar Simma
ein besonderes Anliegen.
Ein Fürsprecher mit
großem Herz
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